Ein anstrengender Blick auf Lourmarin

Am Sonntag machen wir nochmals eine Wanderung im Luberon, von Lourmarin aus. Laut Wanderkarte eine leichte Tour. Das stimmt insoweit, dass man nicht klettern und kraxeln muss :-), aber es geht, wie so oft, stetig und lang bergauf.

Auf dem Gipfel angekommen, liegt Lourmarin und das Durance-Tal weit offen vor unseren Augen. Ein toller Ausblick!

Hinab geht es ähnlich steil, auf einem Schotterweg. Nach gut 2 Stunden sind wir zurück bei Henri, in den Weinbergen von Lourmarin. Kein Wunder, dass die Weine Südfrankreichs so viele Umdrehungen haben: Die Trauben sind wirklich zuckersüß.

Unser Dorf wählt rechts

Egal wie: Mallemort ist eine schöne, kleine südfranzösische Gemeinde. Unaufgeregt, ruhig, entspannt.

„Die Zeit“ sagt:

Nun ist die Beklemmung wieder da: Wenn Franzosen wählen, habe ich Angst um Freundinnen und Freunde in meinem südfranzösischen Dorf. Angst, dass mein sympathischer Gemüsehändler, der kürzlich erst auf Bio umgestellt hat, den Rechtsextremen seine Stimme gibt. Angst, dass meine Freundin, mit der ich kürzlich noch auf hohe Berge wanderte, Marine Le Pen wählt. Angst, dass der Lehrer meiner Söhne die Grenzen wieder hochziehen will, dass ich beim Bäcker mit anhören muss, wie die gemütliche Croissant-Runde am Morgen zu einer Schimpftirade auf Flüchtlinge ausartet. Angst, dass mir all die freundlichen Menschen in meinem Dorf plötzlich unerträglich werden.

Wer wie ich in Südfrankreich lebt, ist von rechtsextremen Wählern umzingelt. Ich wohne in einem kleinen Dorf, 5.000 Einwohner, nicht weit von Nizza entfernt. Hier haben vier von zehn Bürgern den rechtsextremen Front National gewählt, in der Stichwahl am Sonntag werden es sicherlich noch viel mehr sein. Sie haben einer Frau ihre Stimme gegeben, die in der Verfassung verankern möchte, dass gebürtige Franzosen als erste einen Job bekommen, als erste im Krankenhaus behandelt werden und als erste eine Wohnung erhalten. Oder anders gesagt: Bei einer Bewerbung wäre ich als Deutsche automatisch die zweite Wahl, bei einem Unfall würden die Sanitäter zuerst das gebrochene Bein meines französischen Bettnachbarn behandeln, und Wohnungen könnte ich nur mieten, wenn kein Franzose sie haben möchte. Zugezogene aus nicht-europäischen Ländern würden es noch sehr viel schwerer haben. Meine Nachbarn haben sich für die Apartheid entschieden und merken es nicht.

Ich kann nicht einmal Mitleid mit ihnen haben. Die Menschen im Norden von Frankreich, in der zweiten Bastion von Marine Le Pen, sie sind verarmt und meist arbeitslos, sie wurden von linken und rechten Regierungen enttäuscht, sitzen im Regen und in grauen Betonburgen und warten auf Erlösung. Nicht in meinem Dorf. Drei von vier Menschen wohnen hier im Eigenheim. Die Sonne scheint 270 Tage im Jahr, und wer Glück hat, kann seine eigenen Oliven ernten. Hier sind weniger Menschen ohne Job als im Landesdurchschnitt und nur knapp halb so viele sind arm. Einen Flüchtling habe ich hier noch nie gesehen, die einzig Zugezogenen sind Menschen aus anderen europäischen Staaten, vor allem Briten und Deutsche. In den Nachbarstädten sieht es ähnlich aus: Meist kommt Marine, wie die Einheimischen Le Pen liebevoll nennen, auf 40 Prozent, manchmal sogar, in den verschlafensten Nestern, auf knapp die Hälfte aller Stimmen. Kein Vergleich zur Weltstadt Paris, in der der FN gerade mal fünf Prozent der Stimmen erhielt.

Und ich sage: Mit Mama im SUV schön behütet zur Kita fahren. Alles fein, für den Weltfrieden. Immer schön dem Mainstream folgen.

Auf ein Tartare

… und einen Salat mit Geflügelleber nach Salon-de-Provence, in die Brasserie Le Longchamp. Mmmmh, lecker. Dazu gönnen wir uns einen Apero, ein Fläschle Weißwein und einen Café gourmand (Espresso und verschiedene kleine Desserts wie Crème brulée, Meringue, ein Mini-Kuchen…) – und das alles für unschlagbare 45 Euro.

Die Stadt zeigt sich bei strahlendem Spätsommerwetter in ihrem schönsten Licht.